Wir leben in von Unsicherheit geprägten, komplexen Zeiten – gesellschaftlich und global. Nichts scheint mehr selbstverständlich: unsere Demokratie, der Frieden in Europa, die Gesundheit unserer Erde als Organismus. Antworten auf Fragen wie "In was für einer Welt wollen wir leben?" und "Zu welcher Welt wollen wir einen Beitrag leisten?" werden für uns alle immer dringlicher.
In der sysTelios Klinik haben wir uns zur Aufgabe gemacht, einen Ort des Dialogs, des Zuhörens und Fragens zu gestalten – einen Ort, an dem Menschen aufrichtig und respektvoll miteinander in Beziehung gehen können. Grundlage dafür ist unsere unverrückbare Haltung, klar und parteilich für demokratische, freiheitliche Werte einzustehen – hier bei uns, aber auch weit darüber hinaus. Dies wäre in totalitären Systemen nicht möglich.
Demokratie ist nicht selbstverständlich. Eine Demokratie, in der Unterschiedlichkeit in einem achtungsvollen Miteinander Platz hat, braucht unser Engagement – jeden Tag aufs Neue.
Was veranlasst uns, als Menschen, die in einer psychosomatischen Klinik tätig sind, Stellung zur politischen Situation zu nehmen? In den vergangenen Jahren hat sich auch in Deutschland die politische Dynamik in eine Richtung entwickelt, bei der wir nicht stumm bleiben sollten – nicht stumm bleiben wollen.
Wir sind überzeugt: Psychotherapie und Beratung können für die Menschen als einzigartige Individuen und ihre Beziehungssysteme nur wirksam werden, wenn alle Beteiligten ihre vielschichtigen und oft widersprüchlichen Biografien, Haltungen und Strebungen in eine auf Vertrauen basierende, offene Kommunikation einbringen können.
Dies kann nur gelingen, wenn mit auftretenden Unterschieden in Bedürfnissen, Ansichten oder unwillkürlichen Reaktionen respektvoll umgegangen wird, wenn sie als berechtigt anerkannt werden und wenn wir allem, was wir als fremd erleben, mit dieser Haltung begegnen.
Wichtig ist aus unserer Sicht, die Ressourcen und Kompetenzen der Menschen gezielt in den Mittelpunkt zu stellen – also alles, was positive Entwicklungen fördert und bei der Bewältigung von Problemen unterstützend wirken kann. Dabei sollte die individuell erlebte Vergangenheit so einbezogen werden, dass sie als Basis für hilfreiche Lernerfahrungen dienen kann.
Das bedeutet nicht, jegliche Handlungen unreflektiert akzeptieren zu müssen. Nur diejenigen Handlungen, die als Ergebnis achtungsvoller Aushandlungsprozesse sozial verträglich sind, sollten umgesetzt werden – also solche, die weder der betreffenden Person selbst noch anderen schaden.
Impulse, die dem widersprechen, sollten nicht abgewertet oder unterdrückt, sondern empathisch und würdigend als Ausdruck von Bedürfnissen verstanden werden. Diese Bedürfnisse können dann so aufgegriffen werden, dass sie konstruktiv in sozial verträgliche Lösungen münden, Autonomie und Selbstreflexion stärken und eine gesunde, konstruktive Beziehungsgestaltung in optimaler Balance ermöglichen. Es geht also darum, auch als Gesellschaft mit bleibenden Unterschieden einen würdevollen und friedvollen Umgang miteinander zu finden.
Diese Art hilfreicher Prozesse kann aus unserer Sicht nur in einer freiheitlichen, demokratischen und vielfältigen Gesellschaftsform erfolgreich sein. Eine Gesellschaft, die als Garant für Rechtsstaatlichkeit, die Achtung der Menschenwürde und einen konstruktiven, respektvollen Umgang mit Unterschieden steht. Eine Gesellschaft, die Minderheiten und Andersdenkende – unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht oder kultureller Orientierung – als völlig gleichwertig und gleichberechtigt schützt und durch Regelungsprozesse sicherstellt, dass alle diese Werte gleichermaßen achten.
Wir wollen jenen Menschen, die im politischen oder sozialen Feld mit Hassreden, Abwertung, Diffamierung oder Gewalt gegen andere, gegen Minderheiten oder Andersdenkende vorgehen, aktiv entgegentreten.
Wir wenden uns gegen die Verbreitung erfundener Erzählungen, die Angst und Verunsicherung bewirken sollen, sowie gegen Narrative, die eine gezielte Verharmlosung von Menschheitsverbrechen wie den Völkermord in der Nazi-Zeit zum Ziel haben oder die Grundprinzipien unserer Demokratie in Frage stellen.
Aktivitäten, die darauf ausgerichtet sind, unsere Demokratie zu gefährden, zu schädigen und zu zersetzen, dürfen keinen Platz haben. Heute nicht und auch nicht in Zukunft. Deshalb geht es uns alle an: Durch unser Handeln müssen wir jetzt dafür sorgen, dass ihr Einfluss schwindet. Denn Schweigen und Passivität überlassen ungewollt weiteren Raum für solche Tendenzen.
Deshalb sind wir alle gefordert, nicht nur im Stillen, sondern aktiv handelnd für die Stärkung unserer demokratischen Kultur Stellung zu beziehen – gegenüber allen, die diese kulturelle Errungenschaft aufweichen oder abschaffen wollen.
In der sysTelios Klinik haben wir uns zur Aufgabe gemacht, einen Ort des Dialogs, des Zuhörens und Fragens zu gestalten – einen Ort, an dem Menschen aufrichtig und respektvoll miteinander in Beziehung gehen können.
Diesen Geist zu pflegen und an kommende Generationen weiterzutragen, ist das "Wofür" unseres Handelns und eine Inspirationsquelle für fast 200 Teammitglieder der sysTelios Klinik, die Tag für Tag für unsere Gäste, die Klientinnen und Klienten, da sind. Es ist ein intensiver Prozess, in seiner Schönheit und mit all seinen Herausforderungen, der uns Sinn gibt.
Wir wollen und müssen an diesem Ort klar parteilich für demokratische Werte einstehen. Das ist unsere unverrückbare Haltung, gerade in einer unruhigen Welt. Demokratie ist nicht selbstverständlich – sie braucht unser Engagement.
Jeden Tag aufs Neue.
Mechthild Reinhard, Dr. med. Gunther Schmidt
Gründungsgesellschafter
Dr. Alexander Herr, Dr. Regina Reeb-Faller, Andreas Reinhard, Julia Schmidt
Geschäftsleitung
Siedelsbrunn, Februar 2025